Wenn kleine Kinder andere Kinder hauen oder schubsen
Es kommt immer wieder vor, dass Kleinkinder im Kontakt mit anderen Kindern im gleichen Alter oder auch etwas jüngere Kinder diese hauen oder umschubsen. Diese Aktion kann manchmal sehr unvermittelt passieren, ohne zunächst ersichtlichem Grund. Es scheint als wäre es für das Kind eine Art Nervenkitzel, da es bei der Aktion aufgeregt lächelt, jedoch nicht ein aggressives Verhalten zeigt.
Dies ist eine schwierige Situation für IMG_1296die Bezugspersonen, die dabei sind. Die Eltern des angreifenden Kindes reagieren oft sehr stark, aufgeregt und vehement, indem sie ihr Kind ermahnen, oft auch schimpfen, zurückziehen, festhalten und im extremsten Fall die Situation bzw. den Raum verlassen. Sehr häufig wird auch eine Entschuldigung vom hauenden bzw. schubsenden Kind erwartet bzw. verlangt. Zum Thema „Entschuldigen“ möchte ich in einem zukünftig geplanten Blogpost noch Stellung nehmen.
Besonders belastend wird es dann für die betroffenen Eltern, wenn sie bemerken, dass die anderen Eltern ihre Kinder von ihrem „wilden“ Kind fernzuhalten versuchen bzw. sich diese Kinder zu fürchten beginnen und von selbst Distanz halten.
Wie könnten wir Eltern oder Betreuer in einer solchen Situation noch vorgehen?
Zunächst einmal können wir davon ausgehen, dass ein ca. zweijähriges Kind weiß, dass es andere Kinder nicht schlagen oder schubsen darf. Dass es etwas Falsches tut. Das weiß es aus der Reaktion auf sein Verhalten, als es dies das erste Mal gemacht hat. Kinder sind normalerweise sehr wach und sensibel auf die Reaktionen des Umfeldes.
Warum macht es das dann trotzdem?
Es ist ein Impuls, welcher das Kind antreibt, dieses unerwünschte Verhalten zu zeigen bzw. die Aktion fortzusetzen. Dieser Impuls ist durch einen Anspannungszustand ausgelöst worden. Die Impulskontrolle ist bei jungen Kindern erst im Wachsen und sich Entwickeln. Und auch bei uns Erwachsenen ist es nicht immer ganz so einfach unsere Impulse im Zaum zu halten.
Wir können uns das in etwa so vorstellen: Wir haben beschlossen, nicht mehr so viel Schokolade zu essen, weil wir abnehmen möchten… Doch dann kommt es zu einen dummen Streit mit dem Partner und aus einem Impuls heraus plündern wir die Lade mit der Notration Schokolade. Danach ärgern wir uns über unsere Inkonsequenz.
Wenn wir also das unerwünschte Verhalten unseres Kind als ein scheinbares Vergnügen oder Nervenkitzel für es wahrnehmen, so distanzieren wir uns damit von ihm, anstatt uns mit unserem Kind zu verbinden. Genau das braucht aber unser Kind: Es braucht unsere Sicherheit und unsere ruhige Antwort wie der Weg richtig weitergehen kann. Es braucht ganz dringend unseren Schutz und die Sicherheit, TROTZDEM in seinem Verhalten akzeptiert und verstanden zu werden.
Das ist ganz sicher kein leichtes Unterfangen, aber es ist mindestens ebenso schwierig, zuzusehen wie es scheinbar Freude daran hat, andere Kinder zu hauen oder zu schubsen.
Wir versuchen also in einer solchen Phase möglichst körperlich präsent zu sein – wenn möglich präventiv. Wenn wir sehen, dass es sich auf den Weg zu einem Kind macht, sind wir auch nahe dabei und sagen zum Beispiel: „Es schaut so aus, als ob du Hallo zu XY sagen möchtest, aber ich lasse es dich nicht auf diese Art machen. Du kannst sie sanft streicheln und so begrüßen“. Keine Sorge! Das bedeutet nicht, dass wir für die restliche Zeit immer der Bodyguard unseres Kindes sein müssen. aber In dieser schwierigen Phase benötigt unser Kind diese sichere und präsente Unterstützung. Jedoch braucht es nicht viele belehrende, moralisierende Worte, nur kurze Hinweise. „Ich werde dich stoppen. Ich habe gesehen, dass du XX hauen wolltest. Das erlaube ich nicht. Ich bin für dich da.“ Wenn möglich die Aktion blockieren vor dem Erklären.
Es ist nicht unbedingt notwendig, das Kind sofort aus der Situation herauszunehmen,
das wäre eine Überreaktion, die dem Kind sagt: „Meine Mutter hat Angst und sie glaubt ich bin ein böses Kind.“ Wenn aber aus irgendeinem Grund gar keine Ruhe einkehrt, dann kann man schon sagen: „Weißt du, wir werden jetzt gehen“ oder „Ich glaube, wir gehen jetzt für ein Weilchen in einen anderen Raum, da bist du sicher“.
Es kann viele Gründe geben für das Auslösen ein solches unerwünschtes Verhalten des Kindes; Müdigkeit, Hunger, eine große Veränderung zu Hause (Umzug, Trennung…) oder eine kleine Veränderung im Tagesablauf. Es kann eine noch nicht ganz geglückte Form der Kontaktaufnahme mit einem anderen Kind sein, Es kann aus Neugier auf die Reaktion des Kindes und der anderen Erwachsenen geschehen oder das andere Kind ist in sein Terrain eingedrungen, und es fühlt sich bedrängt.
Manches Mal kommt man nicht sofort oder auch gar nicht hinter die Ursache dieses Verhaltens. Was aber immer hilft ist, für unser Kind wirklich da zu sein in positiver vertrauensvoller Form. Unser Kind mit größtmöglicher Gelassenheit bei dieser unerwünschten Aktion zu stoppen. Mehr zu tun, weniger zu sprechen und zu belehren. Wenn es für uns oder für unser Kind zu viel ist, können wir die Situation verlassen indem wir unser Kind respektvoll aus dem Raum nehmen.
Solche Situationen sind sehr herausfordernd für die Eltern aber auch für das Kind.
Solche Phasen gehen auch wieder vorbei. Meist gehen sie aber schneller wieder vorbei, wenn wir als Eltern ruhige körperliche Bereitschaft und Präsenz signalisieren. Es braucht das Kind, dass gehauen oder geschubst wird unsere Unterstützung. Es braucht aber auch das Kind, das haut und schubst trotzdem die positive Beziehung mit uns und die Sicherheit, dass wir ihm helfen, aus dieser Situation herauszukommen.
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